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GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21
Pressemitteilung vom 18.12.2012Nach Kostenexplosion
Stuttgart 21 wird teuer – für die Bahnbeschäftigten!
Jetzt wird’s eng für die Beschäftigten der Bahn, befürchten die GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21. Denn nach der Aufsichtsratssitzung der DB AG vom 12. Dezember ist klar: es gibt eine Explosion der Kosten und die wird zum größten Teil die Bahn selbst tragen müssen.
Die knappe Hälfte der zu erwartenden 6.8 Mrd. will der Konzern allein schultern, weil selbst verschuldet. Den „Rest“ sollen Stadt und Land aufbringen – wozu diese aber mit guten Gründen nicht bereit sind. Denn Mehrkosten durch Neuplanungen auf den Fildern oder infolge der Geißlerschen Schlichtung sind keine Extrawünsche Auch sie gehen auf Planungsdefizite der Bahn zurück. Klar ist also auch: die Kostensteigerung um 2,3 Mrd. € wird die Bahn allein tragen müssen.
Hinzu kommen weitere Milliardenrisiken durch Unkalkulierbarkeit der Geologie, Fehlplanung Grundwassermanagement, Mehraufwand Brandschutz (hier geht es um Milliarden und nicht Millionen, s. Berliner Airport), Regressforderungen aufgrund jahrelanger Verzögerungen, sowie einen möglicherweise durch Gerichte erzwungenen Baustopp, z.B. wegen betrügerischer Angaben der Bahn AG über die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21.
Es wird also viel mehr als die jetzt bekannten 2.3 Mrd. € bei der Bahn hängen bleiben. Woher soll das Geld kommen? Die Preisschraube bei Fahr- und Trassenpreisen ist schon überdreht. Weitere Einsparungen bei Erhaltungsinvestitionen nach den Pannen und Beinahekatastrophen der letzten Wochen - kaum denkbar. Kürzungen bei anderen Infrastrukturprojekten sind schon beschlossen, der Zusammenhang mit S21 wird noch dementiert. Was bleibt ist der große Posten Personal.
Als Dank dafür, dass sich die Beschäftigten täglich den Unmut über Verspätungen und Pannen anhören müssen, die letztlich der Vorstand zu verantworten hat, droht nun eine Welle von Einsparungen im Tarifbereich und weiterer Arbeitsplatzabbau – und dies nachdem die Beinahe-Katastrophe von Feuerbach offensichtlich ihre Ursache in der personellen Unterbesetzung des Güterbahnhofes Kornwestheim (12 Stellen unbesetzt) hatte. Am 30. November nachts um 4.00 Uhr waren drei mit 200t Eisenbahnschienen beladene Güterwagen nach 7 km Geisterfahrt mit etwa 70 km/h in den Bahnhof Feuerbach gerast. Nur mit großem Glück gab es keine Toten und Verletzten.
Das langfristig größte Risiko für die Bahnbeschäftigten sehen die Gewerkschafter gegen S 21 in den immensen Reputationsschäden, die aus dem einst als zuverlässig und seriös geltenden Unternehmen („unsere Bahn“) einen der best gehassten Akteure im kapitalistischen Monopoly gemacht haben. Wer die Bahninfrastruktur vergammeln lässt, notorisch unpünktlich ist, Öffentlichkeit und Parlamente hintergeht und erpresst, verspielt die Unternehmenszukunft. Nur eine bei den Bahnkunden und als Vertragspartner geschätzte Bahn bietet langfristig gute und sichere Arbeitsplätze.
Während die Beschäftigten immer größeren Risiken entgegensehen, bringen die Verantwortlichen ihre Schäfchen gerade ins Trockene. Seinen Vertrag hat sich Bahnchef Grube vorzeitig vom Aufsichtsrat verlängern lassen, wohl wissend, dass es eher um Rauswurf als Vertragsverlängerung gehen wird, wenn die ganze Wahrheit, insbesondere der Betrug in der Frage der Leistungsfähigkeit von S 21, ans Tageslicht kommt.
Für die auf Kosten des Unternehmens vollkaskovericherten Aufsichtsräte will AR-Vorsitzender Utz-Hellmuth Felcht per Rechtsgutachten klären lassen, ob sie auch gegen mögliche Schadenersatzansprüche von dritter Seite abgesichert sind.
Immerhin scheinen die Arbeitnehmer im mitbestimmten Aufsichtsrat der Bahn, die bisher die S 21 Politik des Unternehmens immer mitgetragen hatten, nun nicht mehr mitmachen zu wollen. Auf ihren Einspruch scheint zurückzuführen zu sein, dass die „Einfach-weiter-so“ - Vorlage von Grube/Kefer nicht durchkam. Grubes Vertragsverlängerung ist hoffentlich gegen ihr Votum erfolgt. Die zehn Arbeitnehmervertreter im Bahn-Aufsichtsrat sollten, im Interesse der Beschäftigten und auch angesichts des persönlichen Haftungsrisikos jetzt die Notbremse ziehen und aus dem Projekt auszusteigen.
Kontakt: Werner Sauerborn - GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21
Wichtige Dokumente
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