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      Viel Risiko für städtebaulichen Nicht-Nutzen - Bewohner zentraler Wohngegenden Stuttgarts begehren auf
    Rita Vogel am Montag, 20. August 2012, 13:53 Uhr

    Presseerklärung vom 20. August 2012

    S21: Viel Risiko für städtebaulichen Nicht-Nutzen
    Bewohner zentraler Wohngegenden Stuttgarts begehren auf

    Stuttgart, 20. August 2012: Viele Stuttgarter Bürger erkennen nun, wie direkt sie von dem Tunnelprojekt Stuttgart 21 betroffen sind: Anhand von Karten ist inzwischen online einsehbar, unter welchen Häusern zukünftig Züge rattern sollen – und das trifft von Wangen über das Kernerviertel bis zum Killesberg sehr viele eng besiedelte Wohngebiete Stuttgarts - siehe http://www.biss21.de . Am Ende der heutigen Montagsdemo bieten die Parkschützer deshalb nach Wohngebieten geordnete Infostände an: Hier haben Betroffene die Möglichkeit, sich kennen zu lernen, sich austauschen und sich zu vernetzen, um sich gemeinsam gegen den Tunnel zur Wehr zu setzen.

    „Die vielen S21-Tunnel sind eine ernsthafte Gefahr für das, was wir in Stuttgart ohnehin schon viel zu wenig haben: qualitativ hochwertigen Wohnraum“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Da ist es ein Hohn, dass das Regierungspräsidium diese städtebauliche Katastrophe nun ausgerechnet mit einem angeblichen städtebaulichen Nutzen rechtfertigen will – das ist genauso absurd, wie das Märchen von der Leistungsfähigkeit von S21. Bei ehrlicher Betrachtung kommt man am Ende immer zum gleichen Ergebnis: Wir haben einen sehr guten Kopfbahnhof; der muss erhalten bleiben, wenn Stuttgart ein zukunftsfähiger Bahnknoten bleiben soll – jeder Euro für den Tunnelbahnhof ist sinnlos vergrabenes Geld mit unzumutbaren Risiken und Nebenwirkungen. Das sollte sich kein betroffener Anwohner bieten lassen.“

    Bevor die Bahn mit dem Bau der Tunnel beginnen kann, muss sie den betroffenen Eigentümern das Unterfahrungsrecht für ihre Grundstücke abkaufen. Damit hat sie die LBBW-Tochter 'Landsiedlung' beauftragt. Die Abgabe dieser Unterfahrungsrechte ist mit einer erheblichen Wertminderung für die Grundstücke verbunden. Dagegen setzen sich u.a. die Netzwerke Kernerviertel und Killesberg zur Wehr.

    Während S- und U-Bahntunnel in Stuttgart konsequent und ausschließlich unter Straßen und Plätzen verlaufen, sollen die S21-Tunnel quer unter den Wohngebieten verlaufen. Die Betroffenen haben allen Grund, der Bahn die Unterfahrung ihrer Grundstücke zu verweigern: Der Bau bringt große Risiken für die darüberliegenden Häuser mit sich (Rissbildung durch Bodensetzungen, Erschütterungen oder Anhydrit-Quellung bis hin zur vollständigen Zerstörung von Häusern). Und selbst ohne solche Pannen hätten die Betroffenen große Nachteile: Neben der von den Banken schon jetzt veranschlagten Wertminderung der Grundstücke wären viele der Bewohner zukünftig mit dem Rumpeln aller durchfahrenden Züge konfrontiert, das in den Häusern zu spüren, zum Teil sogar zu hören wäre.

    Da sowohl der Nutzen als auch die vollständige Realisierbarkeit des Tunnelprojekts Stuttgart 21 sehr fraglich sind, sind den Betroffenen Anwohnern diese Nachteile nicht zuzumuten. Siehe dazu auch die Hintergrundinfos zur Planrechtfertigung unten.

    Infos zur 136. Montagsdemo: http://www.bei-abriss-aufstand.de/2012/08/17/136-montagsdemo-am-20-8/

    Rückfragen an Matthias von Herrmann, Tel. 0174-7497868 oder an Dr. Carola Eckstein, Tel. 01525-3684818
    Presseportal: parkschuetzer.org/presse
    RSS-Feed: bei-abriss-aufstand.de/category/pspe/feed/
    Internet: bei-abriss-aufstand.de und twitter.com/AbrissAufstand und parkschuetzer.org

    Hintergrund: Einschränkung der Rechte Dritter und Planrechtfertigung

    Bislang wurden die substantiellen Eingriffe in Natur- und Denkmalschutz sowie die Zumutungen für Anwohner mit der angeblich großen Leistungsfähigkeit des geplanten Tunnelbahnhofs begründet. Diese 'Planrechtfertigung' hat sich als unhaltbar erwiesen, da inzwischen anhand verschiedener Studien und Untersuchungen belegt ist, dass der bestehende Kopfbahnhof mit 50 Zügen pro Stunde deutlich mehr abfertigen kann als der geplante Tunnelbahnhof. Zudem hat Dr. Christoph Engelhardt der Bahn nachgewiesen, dass Stuttgart 21 von Anfang an auf eine viel zu geringe Kapazität von nur 32 Zügen pro Stunde ausgelegt war. Für einen solchen Rückbau der Infrastruktur sind Eingriffe in die Rechte Dritter, wie zum Beispiel die Enteignung von Hauseigentümern, nicht zu rechtfertigen.

    Diese zu geringe Leistungsfähigkeit von S21 hat auch das Regierungspräsidium erkannt und versucht – recht stümperhaft – eine neue Planrechtfertigung zu konstruieren: Im Anhörungsbericht zum zweiten Planänderungsverfahren im Abschnitt 1.2 (Fildertunnel) schreibt das Regierungspräsidium mit Blick auf die Planrechtfertigung auf S. 42: 'Selbst wenn der geplante Durchgangsbahnhof keine höhere Leistungsfähigkeit aufweisen sollte als ein umgebauter Kopfbahnhof, bleibt zur Planrechtfertigung noch die Anbindung des Flughafens und die städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten der Landeshauptstadt Stuttgart durch das freiwerdende Gleisvorfeld des bestehenden Kopfbahnhofs, die verminderte Trennwirkung der innerstädtischen Bahnanlagen sowie die reduzierte Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel durch die zukünftig unterirdisch verkehrenden Züge.'

    Dazu ist festzustellen:

    Eine realisierbare, genehmigte Planung für den Flughafenbahnhof ist nicht in Sicht: Alle Pläne, die die Bahn bislang eingereicht hat, weisen so gravierende Mängel auf, dass sie selbst der wohlwollendsten Prüfung des Eisenbahnbundesamts nicht Stand halten, sie wurden schon mehrfach vom EBA als 'nicht genehmigungsfähig' zurückgewiesen. Die Bahn ist nicht in der Lage, darzulegen, wie sie die gewünschte Flughafenanbindung über den Fildertunnel herstellen kann. Über die Gäubahn wäre eine Anbindung des Flughafens sofort möglich (Fahrzeit vom Hauptbahnhof 18 Minuten).

    Das freiwerdende Gleisvorfeld setzt die Stilllegung und Entwidmung der bestehenden Gleise des Kopfbahnhofs voraus. Damit ist jedoch nicht zu rechnen: Eine Entwidmung ist gesetzlich verboten, solange Unternehmen wie z.B. die Stuttgarter Netz AG den bestehenden Bahnhof weiter betrieben möchten – angesichts der geringen Kapazität und der hohen Störanfälligkeit von Stuttgart 21 ist der Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs für jeden Konkurrenten der Bahn ein ausgesprochen attraktives Geschäft. Die Stadt Stuttgart kann nicht damit rechnen, das bestehende Gleisvorfeld je als Bauland nutzen zu können.

    Die vom RP angesprochen Trennung der Innenstadt bleibt bestehen: Die zwei großen, parallel zu den Gleisen verlaufenden Bundesstraßen B14 und B27 bilden auch weiterhin eine Schneise.

    Was die Lärmbelastung angeht, so zeigt die Lärmkartierung der Stadt Stuttgart eindeutig: 'Hauptverursacher der Lärmbelastung in Stuttgart ist mit großem Abstand der Straßenverkehr'. Die Züge werden in alle Richtungen vom Straßenverkehr übertönt. So sieht der Lärmaktionsplan der Stadt auch vor, zur Lärmminderung mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern – das wiederum setzt einen leistungsfähigen Bahnhof voraus und wäre ohne den Kopfbahnhof nicht möglich. Stuttgart 21 würde also sogar zu einer Verschärfung der Lärmbelastung führen, da es eine Verlagerung des Pendler-Verkehrs auf die Schiene durch die geringe Leistungsfähigkeit begrenzen würde - siehe auch http://www.stadtklima-stuttgart.de/index.php?laerm_laermaktionsplan_stgt_2009_aufstellung.

Wichtige Dokumente

  • Für Stuttgart 21 gibt es viele Gründe und bessere Alternativen, die nur einen Bruchteil kosten, von Karl-Dieter Bodack: PDF, 250Kb
  • Diverse Gutachten (kopfbahnhof-21.de)
  • Was kostet der Ausstieg aus Stuttgart 21?, VCD Baden-Württemberg e.V.
    PDF, 1,7Mb
  • Das Lügengebäude muss fallen, Dr. Liesel Hartenstein, ehem. MdB (SPD)
    PDF, 2,5Mb